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Standort Crassoberg

Standort Crassoberg

Land unter bereits im zweiten Jahr

In den ersten Jahren ihres Bestehens hatte die Freie Werkschule Meißen ihren Schulstandort am Neumarkt – mitten im Zentrum der Stadt und unmittelbar an der Triebisch, einem Seitenfluss der Elbe.

Die idyllische Lage an der Triebisch wurde der Freien Werkschule Meißen bereits im 2. Jahr zum Verhängnis. Das Hochwasser im August 2002 zerstörte die Schulgebäude fast vollständig. Die Zukunft der Schule war ungewiss. 

Doch bereits in den ersten Tagen nach dem Hochwasser kam Hilfe aus ganz Deutschland. Mit Sach- und Geldspenden und tatkräftigem Einsatz unterstützen Privatpersonen, Firmen, Handwerker, die Bundeswehr und viele andere die Betroffenen. Die Hilfe kam auch bei der Freien Werkschule an. Mit Hilfe von Handwerkern aus Stralsund konnten die Schulgebäude wieder aufgebaut werden. 

Crasso'scher Weinberg: Ein Berg und seine Geschichte

Der Standort am Neumarkt war auf Dauer zu klein. Der ideale Standort für die Freie Werkschule schien den Gründern der Crasso’sche Weinberg. Ein idyllisches Stückchen Erde, auf einem Bergsporn gegenüber der Albrechtsburg gelegen. Hochwassersicher versteht sich.

Luftbild
Standort Crassoberg 2004

Der Name Crasso’scher Weinberg geht zurück auf Gustav Ludwig Crasso, Oberinspektor der Staatlichen Porzellanmanufaktur Meißen, in dessen Eigentum sich das Grundstück bis 1881 befand. Er schenkte das Grundstück der Stadt Meißen mit der Verpflichtung, auf dem Gelände ein städtisches Krankenhaus zu bauen und damit die medizinische Versorgung in der Stadt zu sichern. Das Grundstück sollte auf Dauer städtisches Vermögen bleiben und nur für öffentliche Zwecke genutzt werden.

Gustav Ludwig Crasso

Das von Crasso erwünschte Krankenhaus wurde 1891 fertig gestellt und war über 100 Jahre in Betrieb. Mit der Fertigstellung des neuen Kreiskrankenhauses im Jahr 1998 wurde das Krankenhaus am Crassoberg geschlossen. Die Gebäude blieben ungenutzt.

Da der Standort für die Stadtentwicklung außer­ordentlich bedeutend ist, hat der Meißner Hahnemannzentrum e.V. mit Unterstützung der Kreissparkasse Meißen einen städtebaulichen Ideenwettbewerb ausgeschrieben. 

Der Preisträger des Wettbewerbs, das Architekturbüro Kempe aus Radebeul, hat Ende 1999 seine Ideen prä­sentiert. Ein zentraler Bestandteil des Ideenwettbewerbes war eine „Werkschule“. Mit dem Wettbewerbsergebnis wurde der Weg für die Freie Werkschule Meißen auf dem Crasso’schen Weinberg geebnet. 

Die Werkschule –
ein Impuls für die Entwicklung der Stadt Meißen

Der Schulträgerverein „Miteinander – Freie Werkschule Meißen e.V.“ übernahm das Grundstück 2003 in Erbpacht mit der Verpflichtung, das Gelände als Schulstandort zu entwickeln. 

Ab 2003 sanierte der Schulträgerverein die Gebäude des ehemaligen Stadtkrankenhauses auf dem Crasso’schen Weinberg. Mit der Nutzung als Schulstandort wird dem Schenkungs­wil­len Gustav Ludwig Crassos Rechnung getragen. 

2004 – Fertigstellung der Grundschule

Die Grundschule befindet sich in der ehemaligen Kinderklinik. Durch größere Veränderungen in der Grundrissstruktur entstanden auf drei Geschossen Klassen- und Freiarbeitsräume für die Grundschüler. Der Giebel im Dachgeschoss wurde verglast und bietet einen schönen Blick auf den Burgberg.

Grundschule
Grundschule

2005 – Fertigstellung des Schulhortes

Die ehemalige Wäscherei des Krankenhauses wurde 2004/2005 als Hortgebäude umgenutzt und um einen Neubau erweitert. Im Hortgebäude befinden sich thematisch ausgerichtete Räume: Ein Spiele-, Lese- und Handarbeitszimmer, ein Bauzimmer, ein Bewegungsraum sowie eine Hortküche. Die Räume des Neubaus wurden zum Hang hin aus Gründen der Belichtung vollflächig verglast. Die Raumwirkung mit dem sich anschließenden bewaldeten Hang ist beeindruckend. Das Flachdach des Hortes wurde begrünt.

Hort
Grundschule und Hort

2007 – Fertigstellung des Hauptgebäudes

Von 2005 bis 2007 folgte der umfangreichste Bauabschnitt: Die Sanierung des Hauptgebäudes, des ursprünglichen Krankenhauses mit seinen fünf Geschossen. Im September 2007 konnten die Oberschule und das Berufliche Gymnasium in das Hauptgebäude einziehen, die wichtigsten Arbeiten waren gestemmt. Die Freie Werkschule war mit allen Klassen an einem gemeinsamen Standort.

Eingangstor
Freie Werkschule Meißen Foto: Hübschmann
Oberschule

2015 – Atelierhaus

Aus der grau und unscheinbar wirkenden „Isobaracke“ entstand ein wunderschönes Atelierhaus. Zur Zeit des Krankenhauses diente das eingeschossige Gebäude als Iso­lierstation für Patienten mit anste­ckenden Krankheiten. Nach dem Umbau deutet nichts mehr darauf hin. Aus den vielen klei­nen Zimmerchen sind vier großzügige Schulräume für Kunst und Musik entstanden. Große Fenstertüren lassen viel Licht in die dahinterliegenden Atelierräume. Bei schönem Wetter können die Schüler die Türen zur überdachten Terrasse hin öffnen und Atelierraum und Terrasse zum Arbeiten nutzen.

Baracke
Das Atelierhaus im Urzustand.
Eröffnung 2015

Druckwerkstatt

In der Druckwerkstatt entstehen selbstgedruckte Bücher. Buchstabe für Buchstabe werden die Metall-Lettern auf einem Setzbänkchen angeordnet – seitenverkehrt. Mit einem Spiegel wird die Schreibweise kontrolliert. Wenn keine Fehler mehr zu entdecken sind, kann gedruckt werden. In mühevoller Arbeit entstehen Bücher mit so fantasievollen Titeln wie „Trauriger Trampeltroll“ oder „Der falsche Fuffziger“.

Druckwerkstatt

Gestaltung des Außengeländes in Etappen

Das Gelände der Freien Werkschule Meißen ist rund 2,2 ha groß und umfasst neben Spiel- und Sportbereichen auch einen Hangwald und einen eigenen Weinberg. Über viele Jahre hinweg wurde das große Außengelände gestaltet.

Zunächst entstand ein Kleinspielfeld mit Weitsprunganlage, Tischtennis und „Schulstrand“. Das Spielfeld ist Dreh- und Angelpunkt des Schulgeschehens. Bereits ab dem frühen Morgen wird über alle Altersgruppen hinweg Fußball gespielt. 

Für die Grundschul- und Hortkinder wurde ein Spielhügel naturnah gestaltet. Über verschiedene Aufstiege kommt man nach oben. 

Unter dem großen mobilen Sonnensegel können die Kinder bei starker Sonne im Schatten spielen. Bei einem kurzen Regenguss finden sie Unterschlupf.

Segel

Etwas versteckt hinter dem Atelierhaus mit Blick auf die Albrechtsburg und den Dom liegt der Schulgarten der Hortkinder. Der Garten wird von den Hortkindern regelmäßig bestellt und gepflegt. Was in die Beete genau gepflanzt wird, überlegen sich die Kinder gemeinsam mit ihren Pädagogen. Dabei dürfen die Schüler durchaus experimentieren. Neben Radieschen und Kräutern können verschiedene Getreidesorten ausgesät werden. Die Himbeer- und Johannisbeersträucher an der Weinbergmauer sind zum Naschen gedacht.

An den Schulgarten grenzt eine prächtige Schmetterlingswiese. Im Frühsommer summt und flattert es an allen Ecken. Die Schmetterlingswiese ist ein Paradies für zahlreiche Insekten.

Die Imkergruppe der Grundschule hat eigene Bienenvölker. Die Bienenkästen stehen hinter dem Hortgebäude. Der Standort ist ideal, weil die Bienen beim ersten Ausschwärmen bereits Morgensonne haben und am Nachmittag dann Schatten. Dadurch benötigen die Bienen nicht ihre gesamte Kraft, um die Waben abzukühlen. Die Werkschüler haben sich mit Unterstützung erfahrener Imker auf das Imkerhandwerk vorbereitet. Entsprechend souverän gehen die Schülerinnen und Schüler mit den Bienenvölkern um. Mit Gesichtsschutz und Umhang nähern sich die Jungimker den Bienen und vergewissern sich mit ruhigen Handgriffen, wie es um das Bienenvolk steht, ob schon Nachwuchs zu erkennen ist und halten nach der Königin Ausschau. 

Getreu dem Spruch von Martin Luther: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“, hat die Freie Werkschule Meißen begonnen, den Hangwald auf dem Schulgelände schrittweise aufzuforsten. Mit Winterlinde, Feldahorn und Vogelkirsche wurden standortgerechte Gehölze gewählt, die hoffentlich auch regenärmere Zeiten überdauern. Der Hangwald umfasst einen großen Teil des Schulgeländes. Er ist die grüne Lunge des Geländes und Lebensraum für viele Vögel und Insekten.

Insgesamt befinden sich auf dem Gelände der Freien Werkschule mehr als 700 Bäume, die regelmäßig begutachtet und gepflegt werden müssen. Die Pflege und Verjüngung des Baumbestandes ist eine Aufgabe von Dauer. 

Seit 15 Jahren werden die Rebflächen unterhalb des Crassobergs in Meißen durch Schülerinnen und Schüler des Weinbergprojekts bewirtschaftet. Die Rebflächen hat die Werkschule von der Winzergenossenschaft Meißen gepachtet, bei der die Schule auch Mitglied ist. Im Verlauf der Jahreszeiten gibt es für die Jugendlichen im Weinberg viel zu tun: umgraben, Unkraut jäten, Bodenpflege, binden, schneiden und ausgeizen sind Arbeiten, die vor einer guten Ernte stehen.

Im Herbst wird dann gemeinsam mit den Eltern geerntet und in der Winzergenossenschaft gekeltert. Einen Teil der Trauben verarbeiten die Schüler zu Gelee und Federweißer. Die Projektgruppe trägt dazu bei, dass die landschaftsprägenden Rebflächen im Oberen Elbtal bewirtschaftet und weiter erhalten werden.

„Nachhaltig leben“

Ein Umstieg von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien ist unabdingbar. Das wissen die meisten von uns. Der Schritt, selbst etwas dazu beizutragen, fällt oft schwer. Als Schule stehen wir in der Verantwortung für künftige Generationen und haben mit dem Bau einer Photovoltaikanlage auf unserem Atelierhaus einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Nach den Berechnungen kann die Schule damit 42 % ihres Stromeigenbedarfs decken. Der Schritt hin zu einer Ladesäule für E-Autos war dann folgerichtig. Die Mitarbeiter können am Arbeitsort den selbst erzeugten Strom tanken. Andere wiederum nutzen das Angebot eines Jobtickets oder JobRads und tragen so zu einer klimafreundlichen Mobilität bei.

Crasso'sches Weinberghaus

Das Weinberghaus auf dem Kapellenberg hat eine lange Geschichte. Heinrich von Maltitz zu Ilkendorf ließ in der Mitte des 16. Jahrhunderts dieses Kleinod im Stil der Renaissance erbauen. 1770 ging das Weinberghaus in das Eigentum des Dresdner Bürgermeisters Dornblüth über, von ihm wiederum an Gustav Ludwig Crasso, Oberinspektor der Königlichen Porzellanmanufaktur. Crasso schenkte im Jahr 1890 das Weinberghaus samt dazugehörigem Weinberg der Stadt Meißen, um auf dem Gelände ein städtisches Krankenhaus zu errichten.

Crasso'scher Weinberg im Jahr 1848

In unseren Planungen für die Entwicklung des Crassobergs war das Weinberghaus immer als „Philosophencafé“ tituliert. In’s Philosophieren kann man auch kommen, wenn man aus den oberen Fenstern auf die langsam dahinfließende Elbe und den Burgberg auf dem gegenüberliegenden Bergsporn blickt.

Domblick aus dem Weinberghaus

Bevor in den Räumen allerdings philosophiert werden konnte, musste das Gebäude in seiner Substanz gesichert werden. Die Risse im Mauerwerk wurden vernadelt, die historischen Außenputze gesichert. Die Fenster wurden originalgetreu erneuert, die originale Holzeingangstür in mühevoller Kleinarbeit aufgearbeitet. Blickfang ist das restaurierte Renaissanceportal mit seinen Sitznischen.

Verwurzelung in Meißen und der Region

Wir schaffen mit dem Schulprojekt unseren Kindern eine Zukunft. Wir geben ihnen das Gefühl, hier in der Region geachtet zu sein, eine Aufgabe zu haben und dass es sich lohnt, in der Region zu bleiben.

Um dieses Gefühl der Verwurzelung zu entwickeln, bietet der Crasso’sche Weinberg ideale Vorausset­zungen. An vielen Stellen des Schulgeländes hat man den direkten Blick auf die Albrechtsburg und den Dom. In zahlreichen Schulräumen wurden Giebel und Fenster so ausgerichtet, dass das Meißner Wahrzeichen „im Schulalltag“ sichtbar ist. Wir sind überzeugt: Das prägt unsere Kinder für die Zukunft.